ERBRECHT – Teil 4
Streit und Unfrieden gibt es häufig im Zusammenhang mit der Verteilung eines Nachlasses. Aber auch schon zu Lebzeiten können sich Familienmitglieder entzweien. Wenn Blutsverwandte von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden sollen, spricht man landläufig vom „Enterben“. Dies kann der Erblasser mit einem Testament erreichen, indem er bestimmte Personen nicht berücksichtigt. Der sogenannte Pflichtteil für zum Beispiel das leibliche Kind bleibt aber trotzdem bestehen.
Dieser Pflichtteil kann nur aus gewichtigen Gründen entzogen werden:
Der Pflichterbteil garantiert dem Erbberechtigten einen Mindestanteil am Nachlass per Gesetz. Der Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Auch wenn ein Erbberechtigter durch ein Testament von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, der gesetzliche Pflichterbteil steht ihm trotzdem zu. Unter bestimmten Umständen gilt dies auch, wenn ein Erbe das Erbe ausschlägt! Hier sollten Sie sich jedoch unbedingt vor der Ausschlagung beraten lassen! Wer einen Erbpflichtteil beansprucht, dem steht nur Bargeld zu und der Pflichtteil ist mit dem Tod des Erblassers fällig. Eine weitere Teilhabe am Nachlass und an Nachlassgegenständen besteht nicht!
Das Erbrecht berücksichtigt bei der Erbfolge ausschließlich den Grad der Verwandtschaft zwischen Erblasser und Erben (Info zur 1-5. Ordnung). Personen, die nicht mit dem Erblasser verwandt sind, gehen dabei leer aus, von Ehepartnern einmal abgesehen. Um dezidiert zu bestimmen, welche Personen welchen Anteil am Nachlass erben sollen, ist ein individuelles Testament oder ein Erbvertrag nötig. Das ist weniger kompliziert, als es sich anhört. Es macht Sinn, dies mit einem Fachanwalt zu besprechen.
Der Vorteil eines Testamentes ist, dass dort alle Personen, die dem Erblasser wichtig sind – unabhängig davon, ob er mit ihnen blutsverwandt ist oder nicht – bedacht werden können.
Wer selbst Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern abzahlen muss, muss genau prüfen, ob er einen Erbteil oder Pflichtteil annimmt. Denn diese fließen in das Gesamtvermögen ein und sind von Gläubigern pfändbar.
Die Möglichkeit, auf den Erb- oder Pflichtteil zu verzichten sorgt dafür, dass die nächste Person in der Erbfolge – zum Beispiel das eigene Kind – erbt. Somit wäre die Pfändung nicht möglich.
Liegt kein Testament vor, gilt die gesetzliche Erbfolge. Wer in der Erbfolge berücksichtigt ist, ist im Erbschein vermerkt. Bei der Ausstellung des Erbscheins fallen Gebühren an, die sich wiederum an der Höhe des Nachlasses orientieren. Lasten Verbindlichkeiten auf dem Nachlass, sind diese zunächst abzuziehen. Werden zum Beispiel auch Grundstücke und Immobilien vererbt, treiben diese den Wert des Nachlasses schnell in die Höhe. Die Kosten setzen sich aus Gebühren für die Ausstellung des Erbscheins und Kosten für die eidesstattliche Versicherung zusammen.
Hier einige Beispiel:
Nachlasswert | Erteilung des Erbscheins | Eidesstattl. Versicherung | Gesamt |
---|---|---|---|
10.000 € | 75 € | 75 € | 150 € |
30.000 € | 125 € | 125 € | 250 € |
50.000 € | 165 € | 165 € | 330 € |
120.000 € | 300 € | 300 € | 600 € |
600.000 € | 1095 € | 1095 € | 2190 € |
Quelle: Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) – Anlage 2 (zu § 34 Absatz 3) | https://www.gesetze-im-internet.de/gnotkg/anlage_2.html
Wurde das Testament bereits zu Lebzeiten beim Zentralen Testamentsregister (LINK) hinterlegt, ist kein Erbschein nötig. Dann genügt eine beglaubigte Kopie des Testaments zusammen mit dem vom Nachlassgericht ausgestellten Eröffnungsprotokoll.
Wichtig: Ein Testament, das zu Hause hinterlegt wurde, reicht dafür nicht aus. Auch dann muss ein Erbschein beantragt werden.
Hinterbliebene sind verpflichtet anzuzeigen, dass ein Testament vorliegt.
Ein Testament ist ein Dokument, das den letzten Willen des Verstorbenen enthält. Dieser letzte Wille muss amtlich festgestellt werden, so will es das Gesetz. Deshalb ist derjenige, der ein Testament findet, verpflichtet dieses beim Nachlassgericht abzuliefern. Tut er es nicht, kann er bestraft werden:
Macht sich ein Erbe dessen strafbar, so kann er als erbunwürdig erklärt werden und ein gegebenenfalls bestehendes gesetzliches Erbrecht aberkannt bekommen.
Die testamentarischen Erben können ihm gegenüber Schadenersatz geltend machen. Grund dafür ist, dass diese Person versucht hat, den Willen des Erblassers zu vereiteln und die Erben dadurch gegebenenfalls einen finanziellen Schaden erlitten haben.
Wird der Fund eines Testaments beim Nachlassgericht angezeigt, eröffnet dieses das Testament und verkündet die Regelungen, die der Erblasser verfügt hat. Das Gericht informiert auch alle im Testament bedachten Personen, sowie die gesetzlichen Erben. Anschließend wird das Testament entweder bei einem Präsenztermin eröffnet oder die Beteiligten erhalten eine Abschrift des Testaments.
Ist ein Angehöriger der Meinung, dass das Testament unwirksam ist, darf er es trotzdem nicht zurückhalten. Dies ist alleinige Sache des Nachlassgerichts darüber zu entscheiden.
Erbt jemand den gesamten Nachlass komplett, muss trotzdem das Nachlassgericht das Testament eröffnen. Das schafft Rechtssicherheit hinsichtlich potenzieller Erben, die die Anfechtung des Testaments im Sinn haben.
Übrigens: Auch wenn der Verfasser des Testaments willentlich verfügt, dass das Testament nach seinem Tode nicht eröffnet werden soll, ist dies nichtig (§ 2263 BGB).
Das Berliner Testament bietet den Vorteil, dass beim Tod eines Ehepartners zunächst der überlebende Partner als Alleinerbe eingesetzt wird und die Kinder zunächst nicht als Erben berücksichtigt oder ausbezahlt werden müssen. Die Kinder können aber schon als sogenannte Schlusserben von den Ehegatten eingesetzt werden. (Beachte: der Pflichterbteil ist davon ausgenommen!). Der Nachteil ist, dass der überlebende Ehepartner an das Berliner Testament gebunden bleibt – auch wenn er erneut heiratet. Das heißt, es kann z. B. schwierig werden, Kinder, die aus der zweiten Ehe hervorgehen, den Kindern aus erster Ehe gleichzustellen. Der neue Partner wiederum kann nicht zum Alleinerben bestimmt werden. Mit einer sogenannten Öffnungsklausel gewähren sich die Ehepartner gegenseitig, das Testament nach dem Tod eines Ehepartners an eine eventuell veränderte Lebenssituation anzupassen.
Ein Behindertentestament ist der letzte Wille von zum Beispiel Eltern von Kindern mit Handicap oder Behinderungen, die besondere Verfügungen für das Kind enthalten. Häufig soll der Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Erbe des Kindes vermieden werden. So kann zum Beispiel mittels Vor- und Nacherbschaften die Reihenfolge der Erben bestimmt werden. Ein behindertes Kind kann so trotz der Erbschaft weiter staatliche Unterstützung erhalten, weil es nur Erträge aus dem Nachlass erhält. Hierfür muss eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet werden.
Wer Vermögenswerte im Ausland vererben möchte, muss testamentarisch bestimmen, nach welcher Rechtsordnung der Nachlass abgewickelt werden soll. Das ist wichtig, weil sonst ggf. ausländisches Recht in Kraft tritt.
Zögern Sie nicht, rufen Sie mich gerne direkt an.
Das Erbrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, welches gerade für Laien sehr schnell unübersichtlich werden kann. Mit meinen Artikeln zum Thema Erbrecht, Erbfolge, Testament, Testamentsvollstreckung und Erbschaftssteuer möchte ich Ihnen einen möglichst verständlichen und einfachen Überblick geben. Wenn Sie Fragen zu diesen Themen haben, rufen Sie mich gerne an!
Als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht stehe ich Ihnen gerne zur Seite, ob Sie nun aus Hamburg, dem Landkreis Harburg, Winsen, Lüneburg oder aus dem Bereich Lüchow-Dannenberg kommen, sprechen Sie gerne mit mir über das Erben und Vererben, Ihr Testament oder eine Testamentsvollstreckung.
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20355 Hamburg
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