ERBRECHT – Teil 3
„Der Tod gehört zum Leben dazu“ – diese Weisheit hört man oft von den Großeltern. Früher noch mehr als heute. Heutzutage bemühen wir uns meist, die Tatsache, dass wir sterblich sind, möglichst aus unserem Alltag auszublenden. Spätestens, wenn ein geliebtes Familienmitglied stirbt oder man selbst seine Dinge nach dem eigenen Willen regeln möchte, rücken der Tod und seine bürokratischen Anforderungen in den Fokus.
Deutschland wird oft als Erbengesellschaft bezeichnet. Das heißt, dass spätere Generationen monetär davon profitieren, was die Groß- oder Urgroßeltern einst aufgebaut haben. Wie Vermögen hierzulande von einer Generation auf die nächste übertragen wird, ist im Erbrecht geregelt. Vererben und erben eröffnet nicht nur viele wirtschaftliche Perspektiven, es geht dabei auch um Verantwortung. Im Laufe seines Lebens ist eine Person oftmals zunächst Erbe und später selbst Erblasser. Die im Erbrecht verankerten „Leitplanken“ sollten Verbraucher deshalb kennen.
Welche Rechte und Pflichten sind zu beachten für jemanden, der seinen Nachlass vererbt oder für denjenigen, der ihn erben soll. Über diese Aspekte erhalten Sie in diesem und den folgenden Artikeln einen Überblick.
Das Wichtigste in Kürze
Nicht nur den Blutsverwandten des Erblassers steht ein gesetzliches Erbrecht zu, sondern auch den Ehepartnern. Folgende Fragen müssen geklärt werden, um die Erbquote des Ehepartners neben den Blutsverwandten zu bestimmen:
Ehepartner gleichgeschlechtlicher eingetragener Lebenspartnerschaften sind Ehegatten aus heterogeschlechtlichen Ehen gleichgestellt (§ 10 LPartG). Sie stehen in der gesetzlichen Erbfolge neben den Erben der Ordnung 1. bis 5. Bei Lebensgefährten einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft oder einer nicht eingetragenen Lebenspartnerschaft ist das anders. Diese Personen müssen zwangsläufig in einem Testament oder einem Erbvertrag bedacht werden, da sie keine gesetzlichen Erben sind! Auch hier gilt es das Thema Erbschafssteuer im Blick zu behalten.
Gesetzlich leben Ehegatten in einer Zugewinngemeinschaft. Unter Zugewinngemeinschaft versteht der Gesetzgeber, dass das Vermögen der Ehepartner während der Ehe getrennt bleiben und bei Scheidung oder Tod ein Zugewinnausgleich über den Wertzuwachs des Vermögens durchgeführt wird. Sollen die Regelungen für die Zugewinngemeinschaft zwischen den Ehegatten nicht angewendet werden, können die Ehegatten durch einen notariellen Ehevertrag einen anderen Güterstand, wie zB die Gütertrennung wählen. Der überlebende Ehepartner kann zwischen der erbrechtlichen und der güterrechtlichen Regelung wählen:
Der Ehepartner erbt dabei mindestens die Hälfte des Nachlasses. Denn die Zugewinngemeinschaft sorgt dafür, dass sich der gesetzliche Erbteil von ein Viertel gegenüber Verwandten der 1.-3. Ordnung um ein Viertel erhöht. Der Zugewinn wird pauschal erfasst, sodass komplexe Berechnungen über die Höhe des Zugewinns und das Streitpotenzial mit den Kindern minimiert werden.
Neben Verwandten der 1. Ordnung erbt der Ehepartner die Hälfte des Nachlasses und neben Verwandten der 2. Ordnung drei Viertel des Nachlasses. Gibt es keine Verwandten der 1. bis 3. Ordnung, so erbt er den Nachlass allein.
Gegebenenfalls stellt sich der überlebende Ehepartner mit der pauschalen Erhöhung seines Erbteils um ein Viertel schlechter, als wenn der Zugewinn berechnet wird. Das kann dann der Fall sein, wenn der verstorbene Ehepartner während der Ehe einen hohen Zugewinn erwirtschaftet hat. Dann kann der überlebende Ehepartner die Erbschaft ausschlagen und er erhält den Pflichtteil. Das ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und darüber hinaus macht er seinen Zugewinn konkret geltend. Aus der güterrechtlichen Regelung kann sich damit ein höherer Erbteil ergeben.
Wenn die Ehepartner während ihrer Ehe die Gütertrennung in einem notariellen Ehevertrag vereinbart hatten, so erben der überlebende Ehepartner und gegebenenfalls vorhandene Kinder zu gleichen Teilen. Bei einem Kind bedeutet das, dass jeweils 50 Prozent des Nachlasses auf Kind und Ehepartner übergehen. Bei zwei Kindern erhält jede Partei ein Drittel der Erbmasse. Sind keine Kinder vorhanden, treten die Eltern des Erblassers in die Erbfolge und teilen sich den Nachlass mit dem überlebenden Ehepartner.
Wenn Eheleute in einem Ehevertrag den Güterstand der Gütergemeinschaft für ihre Ehe vereinbaren, dann gehört jedem Ehegatten bereits vor dem Tod die Hälfte des gemeinsamen Vermögens. Mit dem Tod eines Ehegatten. Die dann in den Nachlass fallende Hälfte erhält zu ¼ der überlebende Ehegatte als gesetzliche Erbguote. Der Rest fällt an die Kinder des verstorbenen Ehegatten. Haben die Ehepartner im Ehevertrag vereinbart, dass die Gütergemeinschaft auch nach dem Tod eines Ehepartners aufrecht erhalten bleiben soll, so spricht man von fortgesetzter Gütergemeinschaft. Dabei wird zunächst nichts vererbt, das Vermögen bleibt gemeinschaftlich beim überlebenden Ehepartner und den gemeinsamen Kindern.
Mit dem Antrag auf Ehescheidung und die Zustellung des Antrags bei dem anderen Ehepartner erlischt die gesetzliche Erbfolge, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ehescheidung vorlagen. Dies bedeutet, wenn die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt gelebt haben. Ausnahmen davon sind möglich.
Wichtig: Soll das Erbrecht auch nach der Scheidung weiter bestehen, muss der Expartner in einem Testament oder Erbvertrag bedacht werden. Achtung, hier sollte das Thema Erbschaftssteuer im Blick behalten werden! Umgekehrt muss der Expartner aus dem Testament entfernt werden, wenn er nicht mehr berücksichtigt werden soll. Es sollten ebenfalls Bezugsberechtigungen von Lebensversicherungen in diesem Moment überprüft werden. Dies wird häufig vergessen, wenn sich Eheleute scheiden lassen.
Patchworkfamilien und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, beschäftigen uns zunehmend in den letzten Jahren. Das Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) stammt aus der Zeit um 1900. Die Norm war seinerzeit Familien, bestehend aus Vater und Mutter mit ihren leiblichen Kindern. Insofern stößt das Erbrecht bei Patchworkfamilien an seine Grenzen.
Im Patchwork kommen Ehepartner zusammen, die Kinder aus früheren Beziehungen mitbringen und darüber hinaus ggf. noch eigene Kinder bekommen. Die Kinder aus früheren Beziehungen sind mit dem jeweiligen Stiefelternteil nicht blutsverwandt, weshalb sie in der gesetzlichen Erbfolge nicht berücksichtigt werden und keinen Anspruch auf einen Pflichtteil haben.
Ob und wie die früheren Kinder den eigenen leiblichen gleichgestellt werden, muss testamentarisch geregelt werden. Um Kinder aus Patchworkfamilien in die gesetzliche Erbfolge einzugliedern, müssten sie vom jeweiligen Stiefpartner adoptiert werden. Dies entspricht aber oft nicht der Lebenswirklichkeit, da der andere Elternteil oft ebenfalls noch am Leben ist und eine Adoption ablehnt. Auch hinsichtlich dieses Elternteils hat das Kind Erbansprüche. Würde es als minderjähriges Kind adoptiert, würden diese Ansprüche erlöschen.
Dies klingt paradox, da es sich doch mit dem Tod beschäftigt, aber es ist so. Das heißt, das Testament muss im Laufe des Lebens immer mal wieder an veränderte Lebenssituationen angepasst werden. Denn unser Leben verläuft nicht statisch. Dinge verändern sich, Scheidungsraten nehmen zu, Patchworkfamilien sind an der Tagesordnung und die Pflege im Alter sind Aspekte, die zu Änderungen im Testament führen können.
Es empfiehlt sich daher, das Testament alle paar Jahre einmal durchsehen und zu überprüfen, ob der letzte Wille von einst auch heute noch Bestand hat. Wenn nicht, kann ein handschriftlicher, datierter und unterzeichneter Nachtrag Abhilfe schaffen.
Das Erbrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, welches gerade für Laien sehr schnell unübersichtlich werden kann. Mit meinen Artikeln zum Thema Erbrecht, Erbfolge, Testament, Testamentsvollstreckung und Erbschaftssteuer möchte ich Ihnen einen möglichst verständlichen und einfachen Überblick geben. Wenn Sie Fragen zu diesen Themen haben, rufen Sie mich gerne an!
Als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht stehe ich Ihnen gerne zur Seite, ob Sie nun aus Hamburg, dem Landkreis Harburg, Winsen, Lüneburg oder aus dem Bereich Lüchow-Dannenberg kommen, sprechen Sie gerne mit mir über das Erben und Vererben, Ihr Testament oder eine Testamentsvollstreckung.
Haben Sie Fragen? Möchten Sie einen ersten Beratungstermin? Nehmen Sie gern Kontakt zu mir auf.
20355 Hamburg
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